Seit Juli 2025 hat Dänemark die EU-Ratspräsidentschaft übernommen. Die sozialdemokratische Regierung in Dänemark setzt sich für die Umsetzung des Gesetzes zur verpflichtenden Chatkontrolle und zum Client-Side-Scanning ein. Am 14. Oktober 2025 sollen die Justiz- und Innenminister dem Entwurf zustimmen.
Nachdem der ursprüngliche Vorschlag der EU-Kommission (2022) für weitreichendes Scannen privater Nachrichten stark kritisiert wurde, legte die spanische Ratspräsidentschaft 2023 eine abgeschwächte Version vor, die aber ebenfalls keine Einigung fand.
Nun versucht die dänische Ratspräsidentschaft die Verhandlungen mit einem Vorschlag wiederzubeleben, der faktisch die Rückkehr zur ursprünglichen Massenüberwachung privater Kommunikation ist.

Quelle: Danish Presidency
Zehn Staaten, darunter Spanien, Rumänien und Ungarn, unterstützen den Vorschlag. Auch Frankreich, das zuvor skeptisch war, stimmt dem Entwurf mittlerweile zu. Fünf Länder (Polen, die Niederlande, Luxemburg, Tschechien und Österreich) lehnen den Vorschlag ab. Andere Staaten wie Schweden, Finnland, die Slowakei und Lettland haben sich noch nicht positioniert.
Und Deutschland?
Bisher lehnte Deutschland das Client-Side-Scanning ab. In der derzeitigen Bundesregierung gibt es jedoch Uneinigkeit über das weitere Vorgehen. Das Bundesjustizministerium verwies nach einer Anfrage gegenüber netzpolitik.org auf das Bundesinnenministerium, welches sich "zu laufenden Abstimmungen" nicht äußern wollte.
Jeanne Dillschneider, die für die Grünen im Ausschuss für Digitales und Staatsmodernisierung sitzt, hat laut dem Artikel Chatkontrolle: Werden unsere Whatsapp-Nachrichten bald durchleuchtet? beim BMI nachgefragt und keine befriedigende Antwort erhalten: „Statt klar Stellung zu beziehen, versteckt sich [die Bundesregierung] hinter EU-Erwägungsgründen, verweist auf laufende Prüfungen dänischer Vorschläge und vermeidet eine klare Positionierung zur Ende-zu-Ende-Verschlüsselung“, schreibt Dillschneider dem RND. „Eine deutliche Ablehnung technischer Hintertüren oder von Client-Side Scanning suche ich in der Antwort vergeblich.“
Und unser Digitalminister Karten Wildberger duckt sich weg. Angesprochen auf die Chatkontrolle antwortet er in einem Gespräch mit Heise: Er wolle sich in diesen „politischen Prozess“ nicht „von der Seitenlinie“ einbringen. Er werde deswegen seine Meinung nicht dazugeben, da das „nicht hilfreich“ sei, denn dafür „gibt es jetzt einen Prozess“.
Die Einführung der Chatkontrolle muss verhindert werden.
In der Vergangenheit hat Deutschland die Chatkontrolle zusammen mit anderen EU-Staaten blockiert. Wenn die Bundesregierung ihre Haltung ändert und der Verordnung zustimmt, wird die Chatkontrolle kommen und das muss verhindert werden.
Die Privatsphäre heißt so, weil sie privat ist. Und das gilt auch für private Kommunikation im digitalen Raum. Hier habe ich aufgeschrieben, wie man sich einbringen kann: Was kann man tun?
Das Internet ist großartig. Allerdings gibt es viel zu tun, damit es so bleibt.
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